Was ist wichtiger – Branding oder Suchmaschinenoptimierung (SEO)? Diese Frage könnte problemlos eine abendfüllende Diskussion unter Marketing-Experten auslösen. Um sie beantworten zu können, lohnt es sich zu verstehen, wie beide Faktoren miteinander zusammenhängen.
So viel steht fest: Der erste Platz bei Google ist nicht gleichbedeutend mit den meisten Klicks. Einfluss darauf haben vor allem bekannte vertrauensvolle Marken.
Branding und SEO sind Teil eines Kreislaufs, der mehrere Rankingfaktoren von Google umfasst. Das kann zum Beispiel so aussehen: Die Bekanntheit einer Marke sorgt für mehr Klicks auf eine bestimmte Webseite, weil der oder die Suchende den vertrauten Markennamen gegenüber unbekannten Brands bevorzugt. Die höheren Klickraten wirken sich im Gegenzug positiv auf die Positionierung der Suchmaschinenergebnisseiten aus. [1]
Wie eine umfangreiche Eye-Tracking-Studie herausgefunden hat, klickte der Großteil (82% aller Befragten) tatsächlich auf Marken, die sie bereits kannten. Diese Verhaltenstendenz untermauert gleichzeitig ein Prinzip vom US-amerikanischen Psychologen und Professor Robert B. Cialdini, der in seinem bekannten Werk „Die Psychologie des Überzeugens“ unter dem Grundsatz „Sympathie“ auch den Aspekt „Ähnlichkeit“ aufführt.
Kurz gesagt: Menschen lassen sich tendenziell eher von etwas überzeugen, wenn sie es bereits kennen oder es dem ähnelt, was ihnen schon bekannt ist. Wie die Studie belegt, lässt sich dieses Prinzip auch auf die Suchmaschinenoptimierung im Online-Marketing übertragen. [2] [3]
Eine weitere dazu passende Analyse offenbart, dass bei der Entscheidung zum Klick das Vertrauen in die Marke und deren Bekanntheit sogar mehr Bedeutung besitzt als die Usability oder der Content auf den Suchergebnisseiten.
So wird die On- und Off-Page-Optimierung durch Markenbildung beeinflusst
Laut Untersuchung des Unternehmers und Online-Marketing-Experten Neil Patel klicken potentielle Kunden beim Betrachten der organischen Suchergebnisse auf Google lieber auf den vierten Platz, wenn sich in der Meta-Beschreibung ein vertrauter Markenname befindet als auf den ersten Platz, wenn dem Suchenden keine ihm bekannte Marke ins Blickfeld gerät. [4]
Das bedeutet allerdings nicht, dass die Benutzerfreundlichkeit sowie SEO auf den Webseiten vernachlässigt werden sollte. Im Gegenteil: Usability, SEO und Branding funktionieren am besten in Kombination. Denn was bringt es, eine starke Marke zu besitzen, wenn die eigene Webseite nicht einmal auf der ersten Seite der Google-Suchergebnisse zu finden ist?
Wie eine aktuelle Auswertung des Marktforschungsunternehmens SmartInsights zeigt, verzeichnen die Positionen eins bis drei nach wie vor die höchsten Klickraten. Ab Platz vier sind es bereits unter 10% der Klicks bei den organischen Suchergebnissen. [5]
Abseits höherer Klickraten sorgt Branding für das vermehrte Erzeugen qualitativ hochwertiger Back-Links von externen Webseiten, was zusätzlichen Traffic aus unterschiedlichsten Quellen bewirkt und sich ebenfalls positiv auf das Google-Ranking auswirkt. Der Markenaufbau beeinflusst bei SEO demnach sowohl die On-Page- als auch die Off-Page-Optimierung. [6]
Obendrein sorgen starke Marken für eine höhere „Shareability“ sowie Engagement auf Social-Media-Plattformen, was erneut den Quality-Score von Google erhöht und sich gewinnbringend auf die Platzierung in den Suchergebnisseiten niederschlägt. [7] [8]
Wie Unternehmen SEO und Branding erfolgreich verschmelzen können
Um die Unbekanntheit bzw. das Nichtvorhandensein der eigenen Marke zu kompensieren, könnten Werbetexter versuchen, besonders verführerisch klingende Titel und Meta-Beschreibungen für die Suchergebnisse zu wählen oder Adwords-Anzeigen durch starke Betonung der Preisvorteile und Rabatte auszuschmücken.
Was nach einer kurzfristig klugen Lösung klingt, dürfte keine langfristige Alternative sein.
Es bleiben also zwei ungeklärte Fragen beim Einsatz von „Branded SEO“: Wie baue ich als Unternehmen eine starke vertrauensvolle Marke auf? Und was kann ich hinsichtlich der Content- und Webseitenstruktur tun, um diese markengerecht umzusetzen?
Zunächst empfehlen namhafte Markenexperten wie Kreativ-Stratege und Unternehmer ZeShan Malik das Definieren einer eigenen Markenidentität. Um dies zu realisieren, können Unternehmen sich zum Beispiel folgende Fragen beantworten:
- „Für welches Problem möchten Sie eine Lösung sein?“
- „Was ist der prägende Vorteil Ihres Produktes bzw. Ihrer Dienstleistung?“
- „Was macht Ihr Produkt oder Ihren Service einzigartig?“
- „Wenn Ihr Unternehmen eine Person wäre – wer ist es? Ein Celebrity? Sie selbst?“
- „Wenn potentielle Kunden „Nein danke!“ zu Ihrem Angebot sagen – woran liegt das im Allgemeinen?“
Wie zu bemerken ist, sind einige Fragen keck gestellt. Entscheidend ist, dass der Marke dadurch geholfen werden kann, ihr mehr Persönlichkeit und Einzigartigkeit zu verleihen. [9]
Ein weiterer wichtiger Aspekt beim Aufbau der eigenen Marke ist die Auseinandersetzung mit der Unternehmensphilosophie, einem Mission-Statement und den Core-Values der Firma. Dabei ist vor allem das Wert- und Nutzenversprechen für den Kunden maßgeblich. Diese sollten bei jedem „Messaging Statement“ berücksichtigt werden. [10]
Um die Lösung für das Problem der Kunden treffend formulieren zu können, empfiehlt sich zum Beispiel die Überlegung, Buyer-Personas anzulegen. Im Gegensatz zu einer Zielgruppe verleihen Buyer-Personas dem potentiellen Kunden ein anschauliches Gesicht.
Sie werden in Form von demographischen Informationen wie Name, Alter, Geschlecht, Aussehen, Berufsbezeichnung, Einkommen sowie Zielen, Herausforderungen und Interessen spezifiziert. [11]
Dadurch können Unternehmen ihre Inhalte und Angebote konkret auf die Bedürfnisse und Ziele des Kunden zuschneiden und dieses gleichzeitig mehr personalisieren.
Die markengerechte Content-Struktur in Verbindung mit SEO
Das Definieren einer klaren Markenidentität bildet das Fundament. Im Anschluss daran bleibt die Frage offen, durch welche Content-Struktur Unternehmen eine Marke strategisch führen können, die mehr Traffic und höhere Konversionsraten nach sich zieht, um das Ranking auf Google positiv zu beeinflussen.
Essentiell dabei ist die Analyse des Customer Journey der spezifischen Buyer-Personas sowie der passende relevante Content für die jeweiligen Touchpoints. Daran anknüpfend spielt auch die Branche eine Rolle, in der Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen im Internet anbieten. Finanzprodukte wie Versicherungen weisen ein unterschiedliches Such- und Kaufverhalten der Kunden auf als Produkte im Freizeit- und Modebereich. [12]
Um eine nutzbringende Customer Experience zu gewährleisten, sollte diese kontextbasiert und relevant am richtigen Kontaktpunkt der Konsumenten dokumentiert werden. Die Webseitenstruktur passt sich also dem Such- und Kaufprozess der Kunden an. Dafür braucht es verschiedene Webseiten mit unterschiedlichem Fokus. [13]
Ein Corporate Blog mit wertvollen Informationen für die Buyer-Personas eignet sich zum Beispiel, um potentielle Kunden auf die Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens aufmerksam zu machen und diese darauf abzustimmen. Dabei können die Artikel natürlich neben dem Mehrwert an Informationen nach allen Regeln der Kunst auf Basis relevanter Keywords suchmaschinenoptimiert werden.
Dazu gehört – wie bei allen anderen Seiten – das Erstellen einer klickstarken Meta- oder SERP-Beschreibung unter Berücksichtigung der eigenen Markenidentität, um den Konsumenten in der Phase der „Awareness“ im Customer Journey bestmöglich abzuholen.
Zusätzlich sind Webseiten notwendig, welche die Vorteile für eine Kaufentscheidung bereitstellen sowie die tatsächliche Entscheidung für den Kauf auslösen. Durch die „Philosophie“ des Unternehmens und Testimonials mit Kunden, die bereits ein Produkt gekauft haben und davon überzeugt sind, können die Besucher zum Beispiel in den Phasen „Favorability“ und „Consideration“ abgeholt werden. [14] [15]
Landing-Pages in Form von Verkaufsseiten mit klaren Handlungsaufforderungen und gut kommunizierten Benefits für die jeweiligen Produkte könnten den Interessenten schließlich in den Phasen der „Intent to purchase“ sowie der „Conversion“ bzw. dem „Purchase“ (tatsächlicher Kauf) adressieren.
Dabei bleibt die Spezifität der Branche, des Produktes, der Buyer Personas sowie der Markenidentität des Unternehmens bei der Auswahl der Inhalte und des Aufbaus der Webseiten ausschlaggebend.
Bedeutend ist letztlich nicht, ob ein Unternehmen im Zuge des „Customer-Journey-Management“ die oben beschrieben Phasen in ihrer Definition berücksichtigt oder zum Beispiel auf das einfacher gestrickte AIDA-Modell (Attention, Interest, Desire, Action) zurückgreift.
Wichtiger sind die Kenntnis über die relevanten Phasen sowie das Platzieren dazu passender, markengerechter Webseiten, die gleichzeitig suchmaschinenoptimiert sind. [16]
Tracking und Ausdauer bleiben wichtig beim Branded-SEO
ie ständige Auseinandersetzung mit der Branded-SEO-Strategie kann primär durch Tracking-Tools bewerkstelligt werden, die den Erfolg der Markenkommunikation am jeweiligen Touchpoint des Customer Journey messbar aufzeigen.
Dabei ist auch die Unterscheidung zwischen Brand-SEO und Non-Brand-SEO wichtig bei der Analyse. Beinhaltet die Suche eines Konsumenten zum Beispiel explizit den Namen einer ihm oder ihr bekannten Marke (bspw. „Adidas Schuhe“), fiele diese Suchanfrage unter den Aspekt des Brand-SEO. Eine allgemeinere Suche wie „Sport Schuhe“ hingegen unterläge dem Bereich des Non-Brand-SEO. [17]
Je öfter Konsumenten auf direktem Wege eine Unternehmenswebseite aufsuchen (ohne vorher generelle Anfragen nach Lösungen für ihre Probleme und Wünsche zu suchen) oder den Markennamen direkt mit in die Suche einbeziehen, desto eher spricht dies für eine positive Entwicklung hin zu einer starken Marke, welcher Kunden zunehmend Vertrauen schenken.
Um Reichweite aufzubauen und als Markenidentität wahrgenommen zu werden, braucht es allerdings Resultate und Kontinuität. Zudem unterliegen dem Erstellen und Veröffentlichen von Blog-Artikeln, Landing-Pages und anderen Webseiten eine dauerhafte Erweiterung und Optimierung der Inhalte.
Um den Markenaufbau des Unternehmens am Anfang zu erleichtern, kann es deshalb sinnvoll sein, SEO mit SEA und SMM zu kombinieren. Mit Hilfe bezahlter Suchmaschinenanzeigen sowie Pay-Per-Click-Advertising auf Social-Media-Plattformen gelingt der Reichweitenaufbau schneller.
Zusätzlich nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, mehr Kunden zu generieren, die später wiederholt kaufen und den Markenaufbau des Unternehmens stärken.
Quellen und wissenschaftliche Studien:
[1] https://onlinemarketing.de/news/branding-effekt-seo-marke-google-ranking
[2] https://econsultancy.com/82-percent-searchers-choose-familiar-brand-search/
[3] https://www.goodreads.com/book/show/28815.Influence
[4] https://neilpatel.com/blog/more-organic-traffic-with-lower-ranking/
[5] https://www.smartinsights.com/search-engine-optimisation-seo/seo-analytics/comparison-of-google-clickthrough-rates-by-position/
[6] https://onlinemarketing.de/news/marken-seo-bessere-rankings-branding
[7] https://techcrunch.com/2011/06/03/google-acquires-postrank-an-analytics-service-for-the-social-web/?guccounter=1
[8] https://www.thinkwithgoogle.com/marketing-resources/building-brand-engagement-campaigns/
[9] https://www.forbes.com/sites/jiawertz/2017/06/02/7-principles-to-building-a-strong-brand/#2efdaf79781a
[10] https://www.inc.com/molly-reyanolds/5-steps-to-building-a-strong-brand-identity-when-the-game-is-constantly-changing.html
[11] https://blog.hubspot.de/marketing/was-ist-der-unterschied-zwischen-zielgruppen-und-buyer-personas
[12] https://www.brand-link.de/wie-sie-die-online-customer-journey-analysieren/
[13] https://www.cmo.com/de/articles/2017/11/27/customer-experience-design-hat-oberste-prioritat-nicht-nur-im-marketing.html#gs.rdb5oITN
[14] https://www.marketinginstitut.biz/blog/customer-journey/#4_Customer_Journey_8211_Wie_kann_sie_in_einem_praktischen_Beispiel_aussehen
[15] https://onlinemarketing.de/news/marken-seo-bessere-rankings-branding
[16] https://smartmarketingbreaks.eu/aida-werbewirkungsmodell/
[17] https://insights.project-a.com/brand-vs-non-brand-how-to-accurately-assess-your-seo-performance-ea57dfe8c196