Verführerische Düfte, steigende Temperaturen, zunehmender Tatendrang - das sind gängige Assoziationen für den Frühling. Der Volksmund reaktiviert dafür sogar die Bezeichnung "Frühlingsgefühle" im eigenen Sprachgebrauch.
Auch wenn es sich dabei um keinen wissenschaftlich geprägten Begriff handelt, ist die tendenziell bessere Laune zu dieser Jahreszeit durchaus wissenschaftlich begründbar. Mehr Sonnenstunden bedeutet mehr Vitamin D für den Menschen. Mehr Vitamin D sorgt für eine erhöhte Ausschüttung des Glückshormons Serotonin. [1]
Wahrscheinlich dürften die wenigsten Unternehmen sich für die biochemisch korrekte Entstehung von Glückshormonen interessieren. Die emotionalisierte Zielgruppenansprache für ein saisonal relevantes Produkt könnte im Gegenzug allerdings auf berechtigte Hellhörigkeit stoßen.
Eine Umfrage des Marktforschungsinstitutes Splendid Research hat ergeben: Der Frühling ist für die Mehrheit der Deutschen die beliebteste Jahreszeit. Lediglich fünf Prozent seien “Gegner” des Frühlings. Unter den Top 3 der Gründe, die für die erblühende Jahreszeit sprechen, wurden “Alles wird grün”, “Endlich wieder Dinge draußen unternehmen” und “Voller Lebenslust sein” genannt. [2]
In einer aktuellen Untersuchung von Statista wurden Einwohner in Deutschland gefragt, welche Gefühle sie konkret mit Frühling verbinden. Auf den ersten drei Plätzen rangierten dabei die Lust auf Sex (45%), die Lust zu verreisen (61%) sowie die Lust auf Sport und Bewegung im Freien (81%). Die Lust auf Einkaufen befindet sich mit 37% der Interviewten immerhin auf Platz fünf. [3]
Der Zusammenhang zwischen Frühling und gesteigerter Kaufbereitschaft ist also durchaus gegeben. Wie genau sich Unternehmen die Frühlingsgefühle in Deutschland zunutze machen können, zeigt ein Blick auf die Vorteile von “saisonalem Marketing”.
Saisonales Marketing - So beeinflussen Jahreszeiten den Erfolg im Marketing
Wenn es um die Durchführung erfolgreicher Marketingmaßnahmen geht, spielen viele Faktoren eine wichtige Rolle. Zielgruppenansprache, Design, Customer Journey, Auswahl der Plattform, verfügbares Werbebudget, bevorzugte Medien - all das sind entscheidende Zutaten für eine potentiell gut schmeckende (und bekömmliche) Kampagne.
Darüber hinaus kann der Zeitpunkt bzw. Zeitraum von Werbeanzeigen entscheidend für deren Erfolg sein. Damit ist nicht nur die konkrete Uhrzeit einer platzierten Anzeige gemeint (was für einigen Experten speziell mit Hinblick auf Newsletter-Marketing entscheidend ist).
Durch “saisonales Marketing” (engl. “Seasonal Marketing”) bedienen sich Unternehmen ausgeklügelter Werbestrategien, die durch gezielte Aktionen für ein Produkt oder Service zu einer bestimmten Jahreszeit passen. [4]
Aus der Gastronomie sind uns Begriffe wie “Spargel- und Erdbeersaison” bekannt. Beim Shoppen durch Kaufhäuser schleichen sich rabattierte Angebote mit der Aufschrift “Sommerschlussverkauf” in unser Sichtfeld. Typische “Outdoor-Produkte” werden zu verschiedenen Jahreszeiten angeboten - Kletterschuhe fürs Bergsteigen im Herbst, Grills für heitere Abendessen im Sommer oder wärmende Icebreaker-Hosen für verschneite Skigebiete im Winter.
Dann gibt es da noch die ganzen Anlässe - Schulanfang, Herbstanfang, Valentinstag, Muttertag, Vatertag. Natürlich fallen darunter auch die “großen” Feiertage (Ostern, Weihnachten, Silvester etc.). Nicht zuletzt spricht der berühmt berüchtigte “Black Friday” im Weihnachtsgeschäft für die Profitabilität des saisonalen Marketings. [5]
Egal ob Uhrzeit, Datum (Anlass) oder die gesamte Jahreszeit - Saisonales Marketing birgt lukrative Möglichkeiten für Unternehmen, ihr Budget klug und rentabel zu investieren - auch für den bevorstehenden Frühling.
Der Vollständigkeit halber sollte jedoch ergänzt werden, dass nicht jedes Land (aus marketingtechnischer Sicht) das Privileg besitzt, für vier verschiedene Jahreszeiten passende Werbeaktionen durchzuführen.
In Kalifornien betragen die Temperaturen laut Klimatabelle über das ganze Jahr im Schnitt zwischen 10 und 20°C. Scharfsinnige Werbeaktionen zur Verkaufssteigerung von Snowboards wären im Winter womöglich weniger erfolgreich - obwohl sie sicherlich durch Surfboards ersetzt werden könnten.
Emotional Advertising in Verbindung mit Seasonal Marketing
Geht es um Entscheidungsprozesse für oder gegen den Kauf eines Produktes, herrschen umstrittene Meinungen was die Beweggründe anbelangt. Einige Marketingexperten schwören auf “Zahlen und Fakten” als entscheidende Kaufimpulse. Andere sind Verfechter der Gefühlswelt und davon überzeugt, dass Verkäufe ausschließlich auf emotionaler Ebene realisiert werden.
Gerald Zaltman ist Professor an der Harvard Business School und Autor des Buches “How Customers Think”. Seiner Auffassung nach passieren 95% aller menschlichen Kaufentscheidungen auf unbewusster Ebene. Erst im Nachhinein befassen wir uns intensiver mit den exakten Gründen, warum genau wir ein bestimmtes Produkt gekauft haben. Kurzum: Wir kaufen emotional und begründen unsere Käufe rational. [6] [7]
Da Emotionen eine wichtige Rolle bei der Kaufentscheidung spielen, können “Frühlingsgefühle” ein gewinnbringender Faktor sein, den Unternehmen bei der Auswahl saisonaler Marketingkampagnen für sich nutzen können.
In dem Buch “Unconsious Branding” beleuchtet Autor Douglas van Praet den Einfluss von erfolgreichem Marketing aus neurowissenschaftlicher Sicht. Ähnlich wie Professor Zaltman ist auch er der Auffassung, dass Emotionen die entscheidende Rolle beim Kaufanreiz spielen.
Von ihm stammt das aufschlussreiche Zitat “We don’t think our way to logical solutions...we feel our way to reason.” Ins Deutsche übersetzt könnte das sinngemäß heißen: Logische Rückschlüsse auf Entscheidungen werden nicht durch unseren Verstand gezogen - vielmehr stützen wir die Begründung auf Grundlage unserer Gefühle. [8] [9]
Emotionen verhindern demnach keine Entscheidungen - sie bilden den Grundstein dafür, sie überhaupt zu treffen. Passend dazu offenbart eine Studie von “Psychology Today”, dass das Vertrauen in Marken immer durch Emotionen und nie durch Informationen ausgelöst werden soll. [10]
Redakteurin und Marketingexpertin Jami Oetting hat vier prägende Gefühle herausstellen können, die in Bezug auf “Emotional Advertising” von namhaften Marken erfolgreich umgesetzt werden. Diese lassen sich in die Emotionen “glücklich”, “traurig”, “verängstigt/überrascht” und “wütend/empört” kategorisieren. [11]
Natürlich birgt jede Rubrik diverse Spielräume für Unterkategorien, die Unternehmen bei einer emotionalen Ansprache für ihre Zielgruppe ebenfalls berücksichtigen können. So können zu “glücklich” Aspekte wie Spaß, Witz, Zufriedenheit, Freunde oder Zusammenhalt zählen. Traurige Werbekampagnen können durch den Fokus auf Probleme oder Schicksale realisiert werden.
Worst-Cases oder Warnungen passen in die Rubrik “verängstigt” oder “überrascht”. Wütende und empörte Emotionen werden zum Beispiel durch das Erwähnen von gesellschaftlichen Missständen hervorgebracht.
Mit Hinblick auf erfolgreiche Kampagnen in Verbindung mit “Frühlingsgefühlen” liegt die emotionale Ansprache aus der Sparte “glücklich” nahe. Natürlich sind der Kreativität dabei keine Grenzen gesetzt. So kann ein Werbespot das Nicht-Bekommen von Blumen am Valentinstag ein ursprünglich positiv besetztes Thema auch mit Traurigkeit versehen.
Wie genau die Emotionalisierung durch Frühlingsgefühle in Marketingkampagnen eingebettet werden kann, zeigt der Blick auf einige Best-Practice-Beispiele.
Best-Practice-Beispiele für Frühlingsgefühle im Marketing
Eine YouGov-Studie hat die Auswirkungen von Emotionalisierung in Verbindung mit “saisonalem Marketing” bei Nahrungsergänzungsmitteln aus der Pharmabranche untersucht.
Dabei wurden die Trinkampullen der Marke “VitaSprint B12” bei der Untersuchung mit einem schlichten Frühlingsdesign versehen und durch die Botschaft “Schluss mit der Frühjahrsmüdigkeit” aufgepeppt. Verglichen mit der eher rational formulierten Ergänzung “zusätzlich mit Carotin” konnte die Emotionalisierung in der Ansprache die Kaufbereitschaft um ein Viertel steigern. [12] [13]
Der Autovermieter Sixt setzt bei einer Social-Media-Kampagne auf Facebook auf das Credo “Sex sells” und verknüpft klischeehafte Frühlingsgefühle mit saisonalem Marketing. In dem frech-provokativen Werbespot küsst eine attraktive Verkäuferin die Motorhaube eines zu vermietenden Wagens auf leidenschaftliche Art und Weise. Am Ende des Videos wird der Call-to-Action “Jetzt Cabrio mieten!” eingeblendet.
Auf Facebook erweiterte der Autovermieter den Link zum Video mit der Beschreibung “Lecko mio, da sind wohl die #Frühlingsgefühle mit ihr durchgegangen. Markiere jemanden, der gerne mit ihr tauschen würde!”. [14]
Auch in diesem Beispiel wird die Emotionalisierung in der Ansprache mit einer saisonal relevanten Aktion verknüpft - Das Klischee des gesteigerten Libido in der Frühjahrszeit trifft auf die Vermietung von Cabrios.
Die Baumarktkette Obi hat für den bevorstehenden Frühling ihren interaktiven Gartenplaner durch den Slogan “Mach deinen Gartentraum wahr” beworben. In TV-Spots wurden z.B. Themen wie Sichtschutz oder der Bau einer Terrasse adressiert. Dabei visualisierte die Werbung jeweils den beispielhaften Traum eines potentiellen Kunden und verknüpfte ihn mit einem aktuellen Anlass, der zur Frühjahrssaison passte. In einem Spot zur Gartenplanung eines Sichtschutzes wurde etwa ein Mann gezeigt, der zerzaust im Bademantel von der Familie des Nachbargrundstücks “entdeckt” wird. Durch mentale Superkräfte reißt der Mann sein Grundstück vom Erdboden und beamt sich samt Haus und Garten weit hoch in den Himmel, um aus dem Sichtfeld der Nachbarn zu verschwinden. Zum Schluss wird der Protagonist durch einen Obi-Verkäufer aus dem Tagtraum zurück auf den “Boden der Realität” gerissen und bekommt den Vorschlag, sich mithilfe des interaktiven Gartenplaners von Obi einen Sitzschutz zu bauen. [15]
Auch in der Modebranche können Frühlingsgefühle und Klischees mit Marketing verknüpft werden. Im Zuge der Frühjahrssaison kombinierte der Modeanbieter Otto in seinen TV-Spots und Social-Media-Anzeigen humorvolle Klischees mit intelligentem Storytelling.
Ein bekannter Spot zeigt zwei unterschiedliche Erinnerungen an ein Erlebnis im Dschungel, wobei die Sichtweise eines Mannes der Perspektive einer Frau gegenübergestellt wurden. Der Mann erinnert sich an die Begegnung mit einem Gorilla. Die Frau behält das anschauliche Kleid einer anderen Dame im Gedächtnis, die ihr auf einem Safari-Trip begegnet ist. Die Szene endet mit der Aussage “gefunden auf Otto.de”, die sowohl textlich als auch auditiv aus dem Off zu sehen bzw. zu hören ist. [16]
In diesem Fall zielt die Kampagne hinsichtlich der Frühlingsgefühle auf höhere Temperaturen und bunte Kleidung ab. Gleichzeitig bedient sich Otto dem Klischee, Frauen hätten nichts als Mode im Sinn.
Fazit: Eine erfolgreiche Frühlingskampagne zeichnet sich durch Relevanz im Angebot und Emotionalisierung in der Ansprache aus
Emotionen sind ein entscheidender Faktor beim Kaufanreiz für ein Produkt. Unternehmen können sich typische Frühlingsgefühle zunutze machen und bei einer emotionalisierten Ansprache ihrer Zielgruppe berücksichtigen.
Auch wenn sich dabei gut und gerne auf Klischees gestürzt werden darf, sollte die Relevanz zur Jahreszeit bestehen bleiben. Unternehmen, die passende Produkte zur Jahreszeit anbieten, besitzen einen klaren Vorteil. Straßencafés, Modehäuser oder Gartencenter dürften es bei der Ansprache leichter haben als Versandhäuser für Nahrungsergänzungsmittel oder Kaminöfen.
Trotzdem können weniger relevante Branchen durch die emotionalisierte Ansprache in Form von passenden Designs und Werbebotschaften einen positiven Unterschied in den Verkaufszahlen bewirken.
Um das Bestmögliche aus einer Frühlingskampagne herauszuholen, sollten logischerweise alle Merkmale vorhanden sein - passende Produkte oder Services, die im Frühjahr tatsächlich von Kunden genutzt werden können sowie eine Verknüpfung aus saisonalem Marketing und "Emotional Advertising".
Dabei darf gerne Kreativität, Humor und sogar Provokation einfließen, solange die Relevanz zum Frühling bestehen bleibt.
Quellen und wissenschaftliche Studien:
[1] https://dgk.de/meldungen/praevention-und-anti-aging/vitamin-d-mangel-ist-weit-verbreitet/vitamin-d-und-depressionen.html
[2] https://www.splendid-research.com/de/statistiken/item/studie-jahreszeit-fruhling.html
[3] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/182063/umfrage/umfrage-fruehlingsgefuehle-in-deutschland/
[4] https://www.mycustomer.com/hr-glossary/seasonal-marketing
[5] https://www.idealo.de/magazin/black-friday/
[6] https://www.bottin.de/verkaufserfolg-emotion-vs-fakten/
[7] https://books.google.de/books/about/How_Customers_Think.html?id=FQk3olZrOdUC&redir_esc=y
[8] https://www.psychologytoday.com/intl/experts/douglas-van-praet
[9] https://onlinemarketing.de/news/gefuehle-werbung-marken-emotionen-kaufanreiz
[10] https://www.psychologytoday.com/intl/blog/inside-the-consumer-mind/201302/how-emotions-influence-what-we-buy
[11] https://blog.hubspot.com/marketing/emotions-in-advertising-examples
[12] http://www.healthcaremarketing.eu/unternehmen/detail.php?rubric=Unternehmen&nr=37071
[13] https://yougov.de/news/2015/09/08/chance-fur-otc-pharma-markt-saisonales-marketing-s/
[14] https://www.horizont.net/marketing/nachrichten/Fruehlingsgefuehle-Sixt-greift-ganz-tief-in-die-Klischeekiste-139454
[15] https://www.wuv.de/marketing/obi_und_der_dirigent_im_gartenbeet
[16] https://www.wuv.de/marketing/mode_schlaegt_gorilla_die_fruehlingskampagne_von_otto