Sterne, Skalen, Punkte - Der "Bewertungskult" im Internet ist kaum zu übersehen. Ob es sich um Händlerprodukte bei Amazon, Restaurants bei Tripadvisor oder Hotels bei Booking.com handelt - überall stößt der oder die Suchende auf Bewertungen und Empfehlungen.
Marketingtreibende interessiert in diesem Zusammenhang: Wie sehr beeinflussen Bewertungsplattformen das Kaufverhalten von Konsumenten? Und wie können Unternehmen es schaffen, möglichst positive Bewertungen für ihre Produkte und Dienstleistungen zu bekommen?
Wieso Kundenbewertungen ein Teil der Marketingstrategie sein sollten
Die Studie „Local Consumer Review Survey“ von BrightLocal zeigt, dass sich 91% der befragten Käufer hin und wieder online bei Bewertungsplattformen informieren, bevor sie ein Produkt kaufen oder eine Dienstleistung in Anspruch nehmen.
Außerdem werden 74 % aller Kaufentscheidungen durch Online-Bewertungsplattformen beeinflusst. Ebenso brachte die Befragung hervor, dass sich Angebote mit positiver Bewertung um bis zu 200 % besser verkaufen. Die Umfrage bezieht sich dabei auf lokale Unternehmen sowie auf Konsumenten der jüngeren und älteren Generation.
Die Unterschiede zwischen den Altersgruppen offenbaren zudem eine ungleiche Ausprägung hinsichtlich der Nutzung von Bewertungsportalen. So trauen zum Beispiel 91 % der Befragten 18 bis 34-Jährigen den Online-Reviews genauso sehr wie persönlichen Empfehlungen. 80% sollen sogar bereits Erfahrungsberichte online veröffentlicht haben. Bei den über 55-jährigen Konsumenten waren es im Vergleich 41 %. [1]
Neben gesteigerten Verkäufen wachsen das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit von Unternehmen durch positive Kundenbewertungen, insbesondere dann, wenn Bewertungen von Experten einfließen. Ebenso können Unternehmen von einem besseren Ranking bei Google profitieren. So sieht das amerikanische SEO-Unternehmen MOZ authentische Kundenbewertungen mit 8,4 % als eine der wichtigsten Faktoren im Google-Ranking. [2]
Zudem sind Kundenbewertungen eine der günstigsten und effektivsten Wege, Werbung für das eigene Unternehmen zu machen. Gleichzeitig bieten authentische Erfahrungsberichte die Möglichkeit, besser auf Kundenwünsche einzugehen und die eigenen Produkte und Dienstleistungen für zukünftige Angebote zu optimieren.
Dabei ergeben sich zum Beispiel Vorteile für Unternehmen mit Lean-Startup-Prinzip, die unvollständige Produkte (etwa Beta-Softwares oder kostenpflichtige Online-Kurse) als erste Testversion verkaufen und das Produkt nach dem Sammeln und Verwalten von Kundenfeedback gemäß der verstärkt geäußerten Wünsche finalisieren.
Eine andere Studie vom Marktforschungsinstitut Splendid Research beweist, dass Unternehmen vor dem Integrieren von Bewertungstools auf ihrer Webseite nicht zurückschrecken sollten. Bei den über 1500 befragten Konsumenten (zwischen 18 und 69 Jahre alt) gaben die Käufer eher eine Bewertung ab, wenn sie mit dem Produkt zufrieden waren. Außerdem änderte jeder vierte Kunde eine negative Bewertung, wenn der Anbieter eine Reaktion auf das Feedback zeigt. [3]
Andererseits ließen sich beinahe vier von fünf der Befragten von einem Kauf abhalten, wenn dem Produkt eine negative Bewertung zugrunde lag.
Unterschiede in Branchen und Altersgruppen - Wann sollten Unternehmen besonders auf Online-Reviews setzen?
Im Übrigen zeigt der von Splendid Research veröffentlichte Online-Bewertungsportal Monitor 2019, welche Branchen besonders vom Feedback ihrer Kunden abhängig sind. Zu den drei wichtigsten Branchen für Online-Bewertungen zählen demnach „Hotels und Urlaub“, „Restaurants und Gastronomie“ sowie „Elektronik“.
Diese Annahme wird vom Unternehmen Tomorrow Focus Media bestärkt. Auf die Frage, für welche Themenbereiche die Teilnehmer bereits Online-Bewertungen abgegeben haben oder sich vorstellen könnten, dies zu tun, rangierten die Bereiche „Urlaub und Reise“ sowie „Online-Händler“ auf den obersten Plätzen – mit 61,7 % bzw. 61,3 %.
Auf dem dritten Platz befanden sich „Restaurants, Cafés und Bars“ mit 46,9%. Damit zeigt die Befragung deutliche Parallelen zur Studie von Splendid Research, in der die Reiseindustrie und Gastronomie ebenfalls zu den wichtigsten Branchen für Online-Bewertungen zählten.
[4]Unternehmen, die in dieser Branche ihre Produkte und Dienstleistungen angeben, sollten demzufolge auf keinen Fall auf das Nutzen von Online-Bewertungsplattformen verzichten.
Mit Hinblick auf die bekanntesten Portale mit Bewertungsfunktion rangiert Amazon gemäß Splendid Research auf Platz 1 (97 %), gefolgt von Check24 (90 %) und Ebay (84 %). Geht es hingegen um die Relevanz von Internet-Siegeln auf Webseiten, zählt TrustedShops zu den vertrauenswürdigsten Portalen, gefolgt von TÜV-Siegeln. Ferner stellt die Studie heraus, dass platzierte Internetsiegel mit Produktbewertungen die Kaufbereitschaft auf einer Angebotsseite um 14 % steigern. [5]
Eine Auswertung der Agentur für Lokalmarketing „Greven Medien“ beweist abermals, dass mehr als zwei Drittel der über 500 befragten Frauen und Männer im Internet nach Bewertungen Ausschau halten, bevor sie eine Kaufentscheidung treffen.
Die 20 bis 39-Jährigen spiegeln in diesem Zusammenhang die Bevölkerungsschicht wieder, die Online-Bewertungsportale am häufigsten nutzt. Gemäß der Befragten machen diese über 52 % aus. Gleichzeitig sollen sie die Altersgruppe sein, die am meisten auf den Portalen Tripadvisor, GoLocal und Co. unterwegs ist. [6]
Abseits der Relevanz von Branchen und Altersgruppen spielen Anzahl und Art der Bewertungen eine entscheidende Rolle für Unternehmen. Perfektionismus scheint demnach kein lukrativer Weg zu gesteigerten Käufen zu sein.
Laut dem weltweit etablierten Anbieter für Ratings und Reviews eKomi kann das Vertrauen in Unternehmen durch ausschließlich positive Bewertungen in Frage gestellt werden. Kunden finden Produkte in Shops tendenziell verdächtig, die ausschließlich Fünf-Sterne-Bewertungen zu verbuchen haben. Insgesamt verkaufen sich Produkte mit 4,5 Sternen bis zu dreimal besser als Produkte mit durchgehend 5 Sternen. [7]
Wie Unternehmen das Beste aus Kundenbewertungen herausholen können
Da positive Kundenbewertungen einen starken Effekt auf das Kaufverhalten der Kunden haben und die Bekanntheit eines Unternehmens sowie die Platzierung im Google-Ranking steigern, tun Marketingtreibende gut daran, ihre Käufer zu Online-Reviews zu animieren und diese anschließend auszuwerten.
Authentische Bewertungen können nicht erzwungen werden. Dennoch sind Sie durch gezieltes Vorgehen in der Lage, ihre Kunden zu einem gewinnbringenden Feedback zu bewegen, das sich selbst im Falle von Kritik für Ihr Unternehmen lohnt.
In diesem Fall gilt nicht das Credo „Weniger ist mehr“, sondern „Viel hilft viel“. Je mehr Kundenmeinungen Ihr Unternehmen besitzt, desto besser können Sie diese verwalten und ihre Produkte und Dienstleistungen optimieren.
Als erste wichtige Maßnahme sollten Unternehmen sich in einem Bewertungsportal anmelden, das zu ihrer Branche passt. Als Stromanbieter macht es Sinn, bei Check24 präsent zu sein. Wenn Sie Reisen anbieten, eignen sich eher die Portale Booking.com oder Expedia. Dasselbe gilt für Tripadvisor bei Restaurants und Bars.
Darüber hinaus raten Experten, das Abgeben von Kundenmeinungen nicht separat im Anschluss an einen Kauf zu erfragen, sondern bereits in den Customer Journey zu integrieren. Anstelle des Bittens von Feedback durch einen Newsletter könnten Unternehmen ein Formular zum Bewerten des Produkts direkt auf der Webseite platzieren, zum Beispiel durch einen Button wie „Produkte bewerten“, in dem Kunden ihre Erfahrungen mit bereits erworbenen Waren teilen können. [8]
Des Weiteren erhöht sich die Anzahl der Bewertungen durch die Einfachheit im Formular, das ein Kunde ausfüllen soll. Für Skalen- oder Sternebewertungen eignen sich vorgefertigte Buttons, die als Kundenfeedback wie „schlecht“, „mittel“, „gut“ oder „sehr gut“ mit entsprechendem Smiley als Gemütszustand anklickbar sind.
Zusätzlich können Gründe wie „Ihre Meinung ist uns wichtig“ oder „Helfen Sie uns, unseren Service weiter zu verbessern“ Anreize für mehr Kundenbewertungen bieten. Ebenso verhält es sich mit Gewinnspielen oder Rabatten als Belohnung für das Abgeben einer Bewertung.
Zu guter Letzt ist das Reagieren auf Kritik ein essentieller Bestandteil beim Optimieren des Kaufverhaltens Ihrer Kunden. Wie aus der oben angeführten Studie von Splendid Research hervorgeht, kann das zeitnahe Antworten auf negatives Feedback einen positiven Effekt auf zukünftige Kaufentscheidungen bewirken, da im Schnitt jeder vierte Kunde im Anschluss an die Reaktion des Anbieters seine negative Meinung revidiert bzw. ändert. [9]
Trotz der Glaubwürdigkeit und der enormen Reichweite durch Online-Bewertungen sollte das "Offline-Feedback" durch Word of Mouth nicht außer Acht gelassen werden. Die Mundpropaganda zwischen einzelnen Personen gilt nach wie vor als machtvolles Instrument im Empfehlungsmarketing.
Am besten funktioniert sie laut dem Unternehmen RevLocal durch digitale Unterstützung. Gut besuchte und positiv bewertete Restaurants leben diese Kombination vor, indem sie zum Beispiel Sticker von Tripadvisor oder Yelp in ihrem Ladenlokal platzieren sowie die freundliche Aufforderungen an die Gäste, ihren Besuch online zu bewerten. [10]
Ungeachtet dessen ist Word of Mouth mit Hinblick auf die neuen EU-Richtlinien für das Urheberrecht und personenbezogene Daten weiterhin relevant. Maßnahmen wie die DSGVO und der Upload-Filter sollen User prognostisch verstärkt davon abhalten, "shared content" im Internet zu veröffentlichen. [11] [12]
Fazit
Bewertungsplattformen im Internet haben einen deutlichen Einfluss auf unser Kaufverhalten. Der Großteil aller Seitenbesucher schenkt Online-Reviews ähnliches Vertrauen wie Empfehlungen unter Freunden und Bekannten.
Für Unternehmen ist die Integration von Bewertungsplattformen sinnvoll. Eine besonders große Rolle spielen dabei die Branche sowie das Alter der Zielgruppe. Ebenso wichtig sind gezielte Aufforderungen zu Kundenbewertungen, die gerne aus einer Verschmelzung von Online- und Offline-Welt geäußert werden dürfen.
Ferner trägt das zeitnahe Reagieren auf Kritik und die Einfachheit im Abgeben einer Bewertung zur lohnenden Verwaltung des Kundenfeedbacks bei, die letztlich das Vertrauen in das Unternehmen stärkt, dessen Bekanntheit steigert und die zukünftige Kaufbereitschaft von Kunden vermehrt.
Quellen und wissenschaftliche Studien:
[1] https://www.unternehmen-erfolgreich.com/kundenbewertungen-praegen-kaufverhalten/[2] https://company.kjero.com/google-platz-1-durch-kundenbewertungen/
[3] https://www.unternehmer.de/marketing-vertrieb/213187-online-bewertungen-studie
[4] https://www.internetworld.de/onlinemarketing/unternehmen/kundenbewertungen-grosser-einfluss-kaufentscheidung-892966.html?page=2_euphorische-kundenbewertungen-wirken-verdaechtig
[5] https://www.splendid-research.com/de/online-bewertungsportale.html
[6] https://www.marketing-boerse.de/news/details/1706-kundenbewertungen-ausschlaggebend-fuer-kaufentscheidung/137102
[7] http://www.absatzwirtschaft.de/so-viel-einfluss-hat-die-kundenbewertung-auf-das-kaufverhalten-und-den-umsatz-75405/
[8] https://www.gruender.de/mehr-kundenbewertungen/
[9] https://www.konversionskraft.de/conversion-optimierung/5-wege-zu-mehr-kundenbewertungen-2.html
[10] https://www.revlocal.com/blog/review-and-reputation-management/online-reviews-vs-word-of-mouth-which-one-is-more-important
[11] https://www.mrwom.com/2018/09/was-das-neue-eu-copyright-fuer-das-digitalmarketing-bedeutet/
[12] https://meedia.de/2018/09/13/what-will-google-do-ein-fachanwalt-erklaert-wie-es-fuer-die-verlage-mit-dem-leistungsschutzrecht-weitergeht/