„Projekt“ und „Management“ sind zwei ziemlich formale Begriffe, die im Umfeld einer Agentur nach dem Gießkannenprinzip für so ziemlich jede Abteilung verteilt werden können.
Will man den fusionierten Begriff „Projektmanagement“ nun genauer definieren, kommen einem vielleicht Teilaspekte wie die Planung, Durchführung und Kontrolle von Projekten in den Sinn. Auch wenn diese Faktoren eine wichtige Rolle spielen, steckt weitaus mehr Detail und Substanz hinter diesem Begriff.
Darüber hinaus werden die Aufgaben im Projektmanagement durch den digitalen Wandel anspruchsvoller und vielseitiger. Aus diesem Grund lohnt sich der nähere Blick auf die Unterschiede des klassischen Projektmanagements „von damals“ und dem agil-hybriden Projektmanagement von heute.
Wissensfelder des Projektmanagements
Die Aufgaben im Projektmanagement sind so facettenreich wie ein Projekt selbst. Kernmerkmal und Herausforderung jedes Projekts ist dessen zeitliche Begrenzung. Denn damit gehen die Einhaltung von konkreten Deadlines und das Herausbilden spezifischer, messbarer Ziele einher.
Die Tätigkeiten im Projektmanagement reichen nicht nur vom KickOff bis zum Abschluss eines Projekts. Neben der Organisation, Initiierung, Planung, Überwachung und Durchführung spielen auch die Nachbereitung und Evaluation der Projekte eine wichtige Rolle. Getreu dem Motto: Vor dem Projekt ist nach dem Projekt.
Der Planung kommt hierbei eine besonders große Bedeutung zu, da sie den Grundstein für ein gelingendes Projekt setzt, um die Ziele des Auftraggebers und des eigenen Unternehmens gleichermaßen zu erreichen.
Für die Steuerung und Koordination von Zeit, Kosten, Beschaffungen und Verwendung des Materials sowie dem Einsatz von Personal und dessen Fähigkeiten verwenden Experten auch den zusammenfassenden Begriff „Ressourcenmanagement“ als Teilbereich im Projektmanagement.2
Darüber hinaus unterscheidet das US-amerikanische „Project Management Institute“ die neun Teildisziplinen bzw. Wissensfelder Integrations-, Umfangs-, Zeit-, Kosten-, Qualitäts-, Personal-, Kommunikations-, Risiko- und Beschaffungsmanagement.1
Um den Alltag eines Projektmanagers verständlich zu machen, lohnt sich der Blick auf ein paar konkrete Beispiele der Aufgabengebiete aus den neun Wissensfeldern. Beim Umfangsmanagement setzen sich Projektmanager mit Fragen wie „Entwickelt sich das Projekt in eine zielführende Richtung?“ auseinander. Der Inhalt und die Leistung des Projektes werden beschlossen und über die gesamte Laufzeit überwacht.
Beim Zeit- und Kostenmanagement beschäftigt sich das Projektteam mit der Festlegung und Einhaltung von Deadlines und der Abschätzung vom Arbeitsaufwand. Die Einschätzung und Überwachung der Kosten, die Budgetierung und allgemein der Einsatz von „finanziellen Ressourcen“ sind hier ebenfalls wesentliche Bestandteile.3
Mit Hinblick auf das Personalmanagement sorgen Projektmanager für eine reibungslose Projektrealisierung durch Mitarbeiter unterschiedlicher Abteilungen. Hier werden auch „externe“ Akteure berücksichtigt.
Am Beispiel eines Projekts innerhalb unserer Werbeagentur in Düsseldorf könnte die Projektmanagerin zum Beispiel die Schnittstelle zwischen der Abteilung Kreation/Design und umliegenden Druckereien oder Filmproduktionen sein, um die Ansprüche des Kunden an eine spezifische Printkampagne und Videowerbung bestmöglich zu erfüllen.
Die Auswahl geeigneter externer Dienstleister fällt gleichzeitig unter das Wissensfeld des Qualitätsmanagements, da die Anforderungen des Auftraggebers an Qualität und Ergebnisgestaltung gewährleistet werden.4
Phasen, Ziele und Systeme im Projektmanagement
Abseits der besonderen Aufgaben der Mitarbeiter im Projektmanagement kann jedes Projekt in verschiedene Phasen gegliedert werden. Viele Wissenschaftler unterscheiden fünf Phasen, die sich je nach bevorzugter Verbalakrobatik, im Vorbereiten, Initiieren/Planen, Durchführen, Überwachen/Steuern und Abschließen eines Projektes wiederfinden.
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Die oben angeführten, beispielhaften Aufgaben aus den neun Wissensfeldern eines Projektteams kommen in jeder der fünf Phasen zum Tragen. Der Zeitplan und der Einsatz der Kosten realisieren sich etwa in den Phasen „Vorbereiten“ und „Planen“. Die Einhaltung von Deadlines und das Koordinieren der Kosten unter Berücksichtigung der Qualitätsansprüche fielen hingegen in die Phase „Steuern/Überwachen“.Auf ähnliche Weise können die Aufgaben für das Beschaffungs-, Risiko- und Personalmanagement in die unterschiedlichen Projektphasen eingegliedert werden.6
Renommierte Professoren - darunter zum Beispiel Dr. Krulis-Randa, ehemaliger Autor und Direktor des Instituts für betriebswirtschaftliche Forschung an der Universität Zürich – teilen die wesentlichen Ziele des Projektmanagements in vier Kategorien auf: organisatorische Ziele, Planungsziele, Controlling-Ziele und Führungsziele. Die unterschiedlichen Aufgaben der Projektmanager dienen der Erfüllung dieser Zielkategorien.7
Darüber hinaus kann jedes zu managende Projekt als „System“ betrachtet werden, in dem organisatorische Regelungen, Hilfsmittel, Methoden und Verfahren auf das Projektteam zugeschnitten werden.
Wie genau ein Projekt systematisiert ist, entscheidet sich maßgeblich von der Unternehmenskultur. Diese gliedert sich wiederum in mehrere Subkulturen. Einige davon sind zum Beispiel die Kommunikations- und Kooperationskultur, die Führungs- und Leitungskultur, Innovations- und Wachstumskultur, die Markenkultur oder die Organisationskultur (Hierarchien und Infrastruktur). Die Unternehmenskultur einer Werbeagentur unterscheidet sich z.B. von der eines Autohauses oder eines Weinguts.8
Zusätzlich passen sich Werte und Kultur zeitgemäßer Unternehmen dem digitalen Wandel an. Dabei wandeln sich in weniger großem Ausmaß die Aufgaben und Ziele im Projektmanagement als vielmehr die Art und Weise, wie diese bewerkstelligt werden. Vor allem ändert sich die Koordination der eingesetzten Ressourcen wie etwa Hilfsmittel, die digitale Arbeitsprozesse begünstigen und andere Methoden oder Verfahren, die zum Beispiel durch moderne Projektmanagement-Tools zum Einsatz kommen.
Die Zukunft: Herausforderungen und Trends im Projektmanagement
Schon heute unterscheiden Experten zwischen klassischem, agilem und hybridem Projektmanagement. Abhängig von der Branche, der Kultur und den Werten orientieren sich Unternehmen an unterschiedlichen Formen des Projektmanagements.
Laut einer Studie arbeiten nur etwa 8% der deutschen Unternehmen ausschließlich mit Methoden des agilen Projektmanagements. In der gegenwärtigen Realität greifen immer öfter Hybridformen aus klassischem und agilem Projektmanagement. Dennoch liegt der aktuelle Trend beim agilen Projektmanagement; mit SCRUM als meist genutzter Methode.9
Bei dieser agilen Entwicklungsmethode erarbeitet das Projektteam Stück für Stück, sprich inkrementell, ein gewünschtes Produkt, eine Dienstleistung oder ein anderes bestimmtes Ergebnis. Gerade für Werbeagenturen scheint jedoch Kanban, eine Methode des Lean Managements, die bessere Wahl zu sein. Diese baut nicht wie Scrum auf fixe Iterationen sondern auf die Einhaltung des “Workflows”.
Ähnlich wie beim klassischen Projektmanagement gliedert Kanban die zu erledigende (Projekt-)Arbeit in mehrere Phasen (visuell als Spalten eines Boards dargestellt). Im „Backlog“ werden alle Ideen und Vorhaben zur Realisierung eines Projekts – meist anhand von Tickets - gesammelt.
Digitale Projektmanagement-Tools wie Monday, Asana, Clarizen oder Trello visualisieren und realisieren die Kanban-Methode via digitaler Boards und Drag-and-Drop Funktionalität, wobei das Projektteam die zu bewältigenden Aufgaben eigenständig vom Backlog in andere Spalten wie zum Beispiel „in Arbeit“ oder „erledigt“ ziehen kann (Pull-Prinzip).15 Im Gegensatz zum klassischen Projektmanagement (Push-Prinzip), werden bei der Pull-Methode die Aufgaben nicht zugeteilt, sondern vom Projektteam selbst übernommen und innerhalb der vorgegeben Zeit eigenverantwortlich umgesetzt.10
Der Vorteil agiler Projektmanagement-Methoden wie Kanban besteht in der Visualisierung der Aufgaben und der schnellen Erkenntnis über wachsende Blockaden: Mit Hilfe eines festgelegten Aufgaben-Limits für die “in Arbeit” - Spalte wird die Sichtbarkeit hergestellt, wann ein sogenanntes Bottleneck entsteht. Außerdem können, im Gegensatz zur klassischen Projektnachbereitung, Fehlerquellen und Störer direkt während des Prozesses identifiziert, behoben und ein Learning davongetragen werden.
Ein weiteres, gern genutztes Werkzeug der agilen Vorgehensweisen (aus SCRUM) ist das „Daily Standup“. Hierbei versammeln sich die Teammitglieder des Projekts einmal täglich – zum Beispiel via Skype-Call – und besprechen kurz die Fragen „Was habe ich gestern geschafft?“, „Woran arbeite ich heute?“ und „Werde ich durch irgendetwas blockiert bzw. gehindert?“.15
Auch wenn die ausschließliche Nutzung agiler Projektmanagement-Methoden nach wie vor gering ist, steigt die Akzeptanz dafür enorm. 97% der Befragten nutzen agile Entwicklungsmethoden in ihren Projekten, nur eben nicht ausschließlich.13
Fünf Trends, die die Arbeitswelt verändern
Je nach Umfang und Spezifität der Anforderungen kann das Gleichgewicht zwischen Aufwand und Nutzen agiler Vorgehensweisen schnell aus dem Gleichgewicht geraten. Das ist besonders dann der Fall, wenn traditionelle Unternehmen zunächst viel Zeit damit verbringen müssen, das Know-How für agile Methoden zu verinnerlichen, bis es zur gewinnbringenden Anwendung kommt.
14 Fatal dabei ist häufig, dass neue Unternehmensstrategien oft aufgrund von Tagesgeschäft vernachlässigt, in die Warteschleife gepackt oder nur halbherzig angegangen werden. Was letztlich dazu führt, dass “agil” in diesen Unternehmen scheitert.
Digitalisierung und Globalisierung haben zunehmenden Einfluss auf die Komplexität von Arbeitsprozessen. Folglich wird die interne Planbarkeit, speziell für international zusammenhängende Prozesse, eines Unternehmens schwieriger. Damit kann das veraltete klassische Projektmanagement kaum noch Schritt halten. Eine Umstellung auf zeitgemäße und agile Arbeitsmethoden und -prozesse erfordert zwangsläufig auch einen Wandel der Unternehmenskultur, da diese auch die Systematisierung von Projekten vorgibt.
Zudem gewinnt Change Management kontinuierlich an Wichtigkeit. Denn agile Arbeitsmethoden werden um kundenorientierte, flexible und besonders schnelle Techniken ergänzt werden müssen, um zum unternehmerischen Vorteil beitragen zu können.
Besonders Menschen in Führungspositionen werden eine neue Aufgabe als digital Leader übernehmen. Weg von der klassischen Rolle des delegierenden und kontrollierenden Managers hin zum “Coach” des Teams, der projektbegleitend unterstützt. Es entwickelt sich automatisch eine Veränderung von top-down Hierarchiestrukturen zu eigenverantwortlichem Handeln.
Diese neu zugewiesene Verantwortung resultiert aus prozessorientierten agilen Arbeitsweisen, welche immer mehr aus kleineren und mittleren, statt ausschließlich übergreifenden großen Projekten, bestehen. Zusätzlich werden mehr Mitarbeiter aus unterschiedlichen Bereichen einbezogen. Damit dennoch ein Überblick gegeben und das Unternehmen hinsichtlich der Umstrukturierung auf kleinere und mittlere Projekte vorbereitet ist, werden einfache Tools für die Umsetzung benötigt.16
Fazit: Klassisch, Agil oder Hybrid?
Die projekt- und prozessorientierte Arbeit ist bereits heute im Alltag vieler Unternehmen angekommen. Das zeigt die steigende Akzeptanz und Nutzung agiler Entwicklungsmethoden. Folge sind zahlreiche kleinere und mittlere Projekte, in die eine Vielzahl von Mitarbeitern aus unterschiedlichen Abteilungen involviert ist.
Auch wenn agile Projektmanagement-Methoden sich an die Trends des digitalen Zeitalters integrieren und in zahlreiche Tools eingebettet sind, dürfen die damit häufig einhergehenden Anpassungen der Organisationskultur und -abläufe für produktive Team- und Projektarbeit nicht außer Acht gelassen werden.
Das klassische Projektmanagement verliert dennoch nicht vollständig an Bedeutung, da es besonders in Branchen wie der Bauindustrie, in denen keine inkrementellen Arbeitsmethoden möglich sind, hilfreich ist. Dennoch sollte auch dort ein aktives Change Management betrieben werden, um flexibel auf den sich stetig wandelnden Markt und exogene Faktoren reagieren zu können.
Letztlich ist es wohl branchenabhängig, auf welche Methode des Projektmanagements die Entscheidung fällt. Ein hohes Potential hat jedoch die hybride Theorie: Denn klassische und agile Methoden können sich an ihren Schwachstellen ergänzen.
Eine hohe Sensibilisierung gegenüber Kunden- und Marktverhalten, sowie dem digitalen Wandel muss als Grundrauschen gelten, um einen Wettbewerbsvorteil zu halten.
Quellen und wissenschaftliche Studien:
[1] https://www.linkedin.com/pulse/nine-project-management-knowledge-areas-pathaneni-itil-v3-prince2/
[2] https://www.wrike.com/de/blog/was-ist-ressourcenmanagement/
[3] https://www.alphajump.de/karriereguide/beruf/aufgaben-projektmanagement
[4] https://www.springer.com/de/book/9783322909022?gclid=EAIaIQobChMIn_iLoMPY5AIVRvhRCh0YwA52EAQYAyABEgIKQvD_BwE#otherversion=9783528066826
[5] https://www.business-wissen.de/hb/phasen-des-projektmanagements-im-ueberblick/
[6] https://www.mindjet.com/de/blog/die-funf-phasen-des-projektmanagement-prozesses/
[7] https://link.springer.com/chapter/10.1007%2F978-3-642-60144-6_6
[8] https://glaubwuerdigkeitsprinzip.de/unternehmenskultur-ausrichten-und-erlebbar-machen/
[9] https://www.gpm-ipma.de/know_how/studienergebnisse/status_quo_agile_201617.html
[10] https://www.wibas.com/de/scrum/
[11] https://thedigitalprojectmanager.com/best-scrum-tools/
[12] https://www.atlassian.com/agile/scrum/ceremonies
[13] https://entwickler.de/online/agile/state-of-agile-report-2-579843480.html
[14] https://www.capterra.com.de/blog/521/projektmanagement-methoden-funf-trends-die-das-projektmanagement-verandern
[15] https://www.hellohq.io/glasqgel/good-read/kanban-in-der-agentur-nutzen-so-funktioniert-agiles-arbeiten-bei-kreativen-teams/
[16] https://www.capterra.com.de/blog/521/projektmanagement-methoden-funf-trends-die-das-projektmanagement-verandern