Die Steigerung der Bekanntheit und das positive Image nach außen gehören zu den wichtigsten Zielen beim Markenaufbau. Beide Aspekte beeinflussen sich gegenseitig. Um das Image einer Marke zu verbessern, muss sie vorher bekannt gemacht werden. Eine bekannte Marke, die hingegen durch unethisches Verhalten auffällt, verliert schnell ihr positives Image.
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Skandale, Shitstorms und negative Berichterstattung können den „guten Ruf“ einer Marke nachweislich schädigen. Gesellschaftliches Engagement und werteorientierte Kommunikation hingegen begünstigen das positive Markenbild. Durch die Digitalisierung und Social-Media stehen Unternehmen vor neuen Herausforderungen, welche zusätzlichen Einfluss auf die Sensibilität der Markenwahrnehmung nehmen.
Shell, Starbucks, Dove – So beeinflusst unethisches Verhalten das Markenimage
Die holländisch-britische Shell-Gruppe hat ihren Firmensitz in London und Den Haag. 1995 fiel der Ölkonzern durch die geplante Versenkung des schwimmenden Öltanks „Bent Spar“ negativ in der Öffentlichkeit auf. Die Ölplattform sollte von der Nordsee zum Atlantik transportiert und dort samt aller giftigen Stoffgemische versenkt werden.
Dieses Vorhaben wurde unter anderem von der weltweit bekanntesten Umweltorganisation Greenpeace boykottiert, woraus schnell einer der größten Umweltbewegungen in der Geschichte resultierte. Die Initiative „Shell to Hell“ führte zu weiteren Boykottaktionen, die sogar einzelne Bürger zu Eigeninitive inspirierte und konkrete Verweigerungsmaßnahmen nach sich zogen.2
Kunden suchten alternative Tankstellen auf, selbst wenn diese weiter entfernt lagen. Es kam zu kriminellen Angriffen auf einzelne Geschäfte, so zum Beispiel durch Schüsse oder das Anzünden einer Filiale. In deutschen Großstädten soll es zu Umsatzeinbrüchen von über 50 Prozent gekommen sein.3
Sogar der Shell-Konkurrent Agip verbuchte finanzielle Rückgänge am Höhepunkt des gesellschaftlichen Boykotts. Primärer Grund sei laut Aussagen mehrerer Pächter das Gelb gewesen, das ähnlich wie in der Shell-Muschel als Farbe im Agip-Logo zu sehen ist.
Das Markenimage des Ölkonzerns war negativ behaftet. Das Unternehmen wurde als „Umweltfrevel“ und Symbol der Kaltschnäuzigkeit bezeichnet.
Ein weiteres Beispiel für negative Auswirkungen auf das Markenimage findet sich im global bekannten Kaffeehaus Starbucks. Aufgrund von Rassismus-Vorwürfen im Mai 2018 schloss der Franchisegeber über 8,000 Filialen in den USA vorzeitig, um eine landesweite Mitarbeiterschulung zum adäquaten Umgang mit Kunden zu realisieren.4
Auslöser war die Verhaftung zweier schwarzer Männer, die aus einem Starbucks-Geschäft befördert wurden, da diese an einem Tisch gesessen haben sollen ohne etwas bestellt zu haben. Dieser Rauswurf wurde von einem weiteren Gast gefilmt und auf Social-Media schnell viral. Allein auf Twitter wurde das Video über elf Millionen Mal aufgerufen.5,6
Der starke Einfluss von Social-Media auf das Image einer Marke kann auch am Beispiel von Dove deutlich gemacht werden. Während die Körperpflegemarke zuvor als „Love-Brand“ bekannt war und mit den Attributen Natürlichkeit, Individualität und einem selbstbewussten Umgang mit dem eigenen Körper in Verbindung gebracht wurde, machte sie 2017 durch ein rassistisch interpretiertes Facebook-Video negativ auf sich aufmerksam.7
Die Kampagne zeigt eine schwarze Frau, die sich ein T-Shirt über den Kopf zieht und nach dem Auftragen einer Waschlotion in eine weiße Frau verwandelt. Daraufhin kam es zu Aufruhr im Netz, so etwa durch Hashtags wie „#boycottdove“ und „#racistdove“.
Das im Werbevideo gezeigte schwarze Model Lola Ogunyemi hat sich daraufhin in einem Beitrag der Zeitschrift „Guardian“ zu Wort gemeldet und das Missverständnis aufgeklärt. Außerdem betonte sie, sich keineswegs als Opfer gefühlt zu haben. Es handelte sich um einen 13-Sekunden-Clip auf Facebook, der eine verkürzte Version zeigt. Im kompletten 30-Sekunden-Spot seien drei Frauen zu sehen – eine schwarze, eine weiße und eine asiatische Frau.8
Die Fälle von Starbucks und Dove zeigen, dass selbst unbeabsichtigte Fehltritte sich negative auf das Image einer Marke auswirken können. Durch Social-Media als virales Vehikel können sich diese Imageschäden zudem schneller verbreiten, als dies vor über 20 Jahren bei Shell der Fall gewesen ist.
Markenimage und Social-Media – Neue Herausforderungen für Unternehmen
Der Umfang des Markenimages spiegelt sich in der Bekanntheit der Marke wider. Obwohl Image und Bekanntheit der Marke einen maßgeblichen Einfluss aufeinander haben, spielt auch ihre Attraktivität - als inhaltlicher Indikator des Markenimages - eine ebenso große Rolle.
Denn im Gegensatz zur Markenidentität wird das Markenimage nicht durch den Besitzer der Marke definiert, sondern durch die Assoziationen, Gefühle und Vorstellungen der Endkunden und Verbraucher bestimmt. Im besten Fall übernimmt das Markenprodukt die Marktführerschaft und etabliert sich als stellvertretender Begriff für das vermarktete Produkt. Dies gilt zum Beispiel für das Erfrischungsgetränk Cola (Coca-Cola) und Tempo als gängiger Ausdruck für Taschentücher.9,18
Um ein positives Markenimage zu wahren oder zu etablieren, stehen Marketer heutzutage vor zusätzlichen Herausforderungen: Unethisches Verhalten kann nicht nur durch Massenmedien, sondern durch einzelne Personen mit ihrem Smartphone dokumentiert und innerhalb kürzester Zeit auf Social-Media verbreitet werden.
Darüber hinaus gehören Foren und Bewertungsplattformen zu immer wichtiger gewordenen Einflussfaktoren mit Hinblick auf die „Online-Reputation“ eines Unternehmens und seiner positionierten Marke.10
Der Bereich Influencer-Marketing hat ebenfalls einen prägnanten Einfluss auf das Image einer Marke. Laut Experten sollte die Zusammenarbeit mit Influencern strategisch, hinsichtlich der daraus resultierenden Branding-Effekte für das Unternehmen, miteinbezogen werden.
Die Reichweite des Influencers spielt dabei eine entscheidende Rolle bei der Auswahl, um die Bekanntheit einer Marke zu fördern oder zu festigen. Immer wichtiger soll neben Reichweite allerdings auch Brandfit und Softskills wie Zuverlässigkeit, Loyalität, Glaubwürdigkeit oder kreative Ansätze werden.
So kann die Zusammenarbeit mit Influencern, die nicht zur Brand passen oder durch polarisierenden Content auffallen, ein aufgebautes Image schnell wieder negativ konnotieren.11
Der Trend für Unternehmen geht daher in die Richtung langfristiger Markenbotschafter und das vermehrte Auswählen von Micro- und Nano-Influencern. Diese bestechen nicht unbedingt durch ihre enorm hohe Reichweite, dafür aber durch eine starke Glaubwürdigkeit und Authentizität.12,13
Werte, Marktwert und Haltung gewinnen an Wichtigkeit für ein positives Markenimage
Das gesellschaftliche Engagement, die Corporate Social Responsibility (CSR), gilt nach wie vor als Erfolgsfaktor einer positiven Markenwahrnehmung. Wichtig für Kampagnen der CSR ist allerdings auch hier die sinnvolle Verknüpfung zwischen verantwortungsvollem Handeln und emotionaler Markenbindung zum Unternehmen.Ein gutes Beispiel verkörpert die Windelmarke Pampers, dessen CSR-Kampagnen sich auf Babyimpfungen in der dritten Welt fokussieren.
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Allgemein sollen die werteorientierte Kommunikation und das Thema Haltung mehr an Wichtigkeit gewinnen hinsichtlich der positiven Wahrnehmung einer Marke. Wertebasierte Themen mit Haltung sind bereits jetzt fester Bestandteil im Mainstream und verbuchen eine steigende Tendenz.
Folglich hat unter anderem Veganismus bereits einen größeren Einfluss auf den Gastronomie- und Ernährungsmarkt. Und auch auf Netflix erfreut sich eine Serie mit der Aufräumexpertin Marie Kondo hoher Beliebtheit; genau wie eine Dokumentation über Minimalismus des preisgekrönten Regisseurs Matt D‘Avella. Weitere Beispiele sind die Fair-Trade-Sneaker aus organischem Material von der Marke Veja oder die nachhaltigen Designkondome und Periodenprodukte von Einhorn.15
Neben dem Nutzen und Berücksichtigen von Social-Media-Kanälen wird das Purpose-Driven-Marketing immer entscheidender für den positiven Imageaufbau von Marken.
Mit Hinblick auf das Markenimage spielt abseits der moralischen Werte eines Unternehmens auch der tatsächliche „Wert“ einer Marke eine starke Rolle. Gerade die großen börsennotierten Firmen wie Coca Cola, Amazon oder Apple sorgen mit ihrem Markenwert für einen betriebswirtschaftlichen Asset, der in die Gesamtbewertung eines Unternehmens einfließt.
Auf diese Weise beeinflusst der Markenwert den Marktwert des Unternehmens – und andersrum. So ermittelte die global tätige Beratungsfirma für Markenstrategie, Markenbewertung und Markenanalyse Interbrand ein Ranking, das den Wert einer Unternehmensmarke in Dollar übersetzt.
Apple führt die Liste mit einem Markenwert von über 214 Milliarden US-Dollar an und ist gleichzeitig die erste Marke in der Geschichte der „Best Global Brands“, die die zweihundert Milliarden US-Dollar-Grenze überschritten hat. Zurzeit wird sie dicht von Amazon verfolgt. Marken, die ein positives Image besitzen und auch „wertvoll“ an der Börse notiert sind, besitzen zunehmend Anleger, die das Markenimage des Unternehmens wiederum stärken.16,17
Fazit: Das Markenimage passiv beeinflussen
Die Bekanntheit einer Marke wird darin deutlich wie viele Verbraucher sich der Marke bewusst sind bzw. diese “kennen”. Dennoch sagt sie nichts über deren Ruf (Markenimage) aus. Lediglich die Attraktivität einer Marke kann deren Reputation in der Gesellschaft messen. Somit schadet ein negatives Ereignis zwar der Attraktivität einer Marke, beeinflusst aber nicht zwangsläufig deren Bekanntheit.
Unethisches Verhalten hat einen klaren negativen Einfluss auf das Markenimage. Besonders die Reichweite und der Einfluss von Social-Media und den sich darin befindlichen Influencern sind moderne Hebelbewegungen, die das Markenimage heutzutage extrem schnell positiv oder negativ beeinflussen können.
Darüber hinaus können Unternehmen zusätzlich zu Umsatzeinbußen sogar Boykottaktionen von Organisationen oder einzelnen Bürgern erwarten, die den Markenwert weiter senken.
Mit einem erhöhten gesellschaftlichen Bewusstsein gegenüber Themen wie Nachhaltigkeit und Fairtrade müssen Unternehmen einen stärkeren, kundenorientierten Fokus auf die Corporate Social Responsibility ihrer Marken legen. Werteorientierte Kommunikation und das Einnehmen einer Haltung werden wichtiger und können Marken dabei helfen, ihr Image zu wahren und sich als glaubwürdig und authentisch gegenüber der Zielgruppe zu positionieren.
Am Ende wird das Markenimage, egal ob positiv oder negativ, einzig und allein von den Endkunden bestimmt.
Quellen und wissenschaftliche Studien:
[1] https://www.marconomy.de/marke/articles/467530/
[2] https://taz.de/!822472/
[3] https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-9198944.html
[4] https://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/nach-rassismus-skandal-kaffee-junkies-vor-verschlossenen-tueren-starbucks-schliesst-voruebergehend-tausende-us-filialen/22620724.html?ticket=ST-3739567-We1gRILDLcmPK0sXlBhg-ap2
[5] https://www.nytimes.com/2018/05/02/us/starbucks-arrest-philadelphia-settlement.html
[6] https://www.buzzfeednews.com/article/juliareinstein/starbucks-arrest-viral-black-men-waiting-philadelphia
[7] https://www.wuv.de/marketing/dove_fehltritt_einer_lovebrand
[8] https://www.theguardian.com/commentisfree/2017/oct/10/i-am-woman-racist-dove-ad-not-a-victim
[9] https://www.franchiseportal.de/wissen-fuer-gruender/glossar/markenimage-a-30085.html
[10] https://t3n.de/news/online-reputation-diese-26-faktoren-beeinflussen-331023/online-reputation/
[11] https://www.lead-digital.de/vielen-marken-ist-nicht-bewusst-wie-schnell-das-image-im-keller-sein-kann/
[12] https://www.new-communication.de/neues/detail/micro-influencer-marketing-klasse-statt-masse/
[13] https://upload-magazin.de/blog/19798-micro-influencer/
[14] http://www.marke41.de/content/erfolgsfaktor-gesellschaftliches-engagement-%E2%80%93-csr-als-wichtiger-bestandteil-strategischer-ma
[15] https://www.lead-digital.de/marketing-haltung-werbung-matthias-ziegenhain/
[16] https://boerse.ard.de/aktien/marken-ranking-2018-interbrand100.html
[17] https://www.handelsblatt.com/finanzen/anlagestrategie/trends/aktienstrategie-markenwert-hat-seinen-preis/5862470-3.html?ticket=ST-1208358-eg7vWOGlKLOntsyuUsNw-ap5
[18] https://www.brand-trust.de/de/glossar/markenimage.php